DER MANTEL Der Mantel steht als Symbol für die Identität des Menschen, er folgt der Architektur des Körpers und besitzt ein Innen und ein Aussen, Intimität und öffentliches Erscheinungsbild. Die Innenseite ist wärmend und schützend, die Aussenseite zeigt Etikette, schützt nach aussen und hält anderes ab. Ähnlich den Zelten der wandernden Nomadenvölker geht er mit auf Reisen und begleitet uns oft über viele Jahre. Der eigene, individuelle Mantel - ein profanes Material, dass vom alltäglichen Gebrauch geprägt ist - ist ein vertrauter Begleiter, geprägt von ideeller Wertigkeit, seiner eigenen Geschichte und Zugehörigkeit, von der oft nur sein Besitzer weiss. Der Mantel ist Ausdruck von Individualität und Träger von Erinnerungen und bildet eine Brücke zwischen privatem und öffentlichem Leben.
DIE KATHEDRALE Kathedralen sind das Symbol für die Identität einer Stadt. Mit emporstrebenden Türmen nehmen sie einen festen Platz in der Silhouette der Stadt ein und markieren das äussere Erscheinungsbild. Sie sind Ausdruck des Kulturerbes. Sie prägen mit Einmaligkeit und Ausstrahlung den Standort. Neben dem repräsentativen Aussen besitzen Kathedralen ein Innen, bieten Schutz und Zuflucht, sind ein Ort der Versammlung und der Sammlung. Der Innenraum der Kathedralen ist reich ausgestattet, wie in einer eigenen Stadt kann man sich in ihm von Ort zu Ort bewegen. Seitenkapellen und Querhäuser sind wie Innentaschen und Ärmel in einen großen Mantel genäht und bieten Orte des Rückzugs und erzählen Geschichten.
DAS PROJEKT Welche Geschichten liegen ungeschrieben im Inneren der Gewebe? Was erzählen sie, befremdliches oder vertrautes, trauriges oder frohes, von Einsamkeit oder Gemeinschaft? Menschen von Liverpool und Köln stifteten ihren alten, abgetragenen Mantel und individuelle Geschichten, Erinnerungen - Unikate aus beiden Städten. Diese Mantelbesitzer trennten sich von ihren „Erinnerungsmänteln“ um sie einer neuen Verwendung zukommen zu lassen. Der gemeinsame Weg der „Einzelstücke“ führte in die künstlerische Aktion. Die über 300 Mäntel wurden zu einer Haut zusammengenäht. Es entstanden zwei Skulpturen: ein begehbarer Mantel und ein Turm. Beide Formgestalten knüpfen an spirituelle Raumkörper an. Der Mantel nimmt Bezug zum Mensch und seine Körperhülle, der hochstrebende Turm zur Kathedrale, der Raumhülle. Diese Skulpturen erzählen im Inneren die Geschichten der Einzelnen und öffnen in einen erfahrbaren, kommunikativen Raum, der über das Einzelne hinausführt.
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